Mittwoch, 28. September 2016

Nachgeholt: Momente der Dankbarkeit (38): Mondbegleiter

Ich habe eine besondere Beziehung zum Mond. Er ist wie ein Freund, ein schweigsamer Begleiter, der mein Leben bereichert, mich verzaubert und berührt. Und so freu ich mich immer, wenn ich ihn am Himmel entdecke und seine tägliche Wandlung beobachten kann. Wie neulich, als er jeden Abend vor meinem Fenster ein Stückchen zunahm und ich an langen Urlaubsabenden seinen tiefgelben Untergang verfolgen konnte...

Ich bin eben eine Romantikerin und verliebt in den silbrigen Glanz einer Mondsichel oder das alles erhellende Vollmondlicht ! Wie den meisten Poeten hat sein Zauber auch mir schon so manches Gedicht entlockt. Aber ich fühle mich auch mit seiner Naturkraft und Symbolik verbunden: Als das Yin, die weibliche Seite - im Gegensatz zur Sonne, die das männliche Prinzip, das Yan verkörpert. Der Zyklus der Frauen ist schließlich genauso lang wie ein Mondzyklus - und geht mit natürlichen Schwankungen von Körper und Seele einher. Und im Deutschen heißt es zwar "der Mond" und "die Sonne" - in den meisten anderen Sprachen aber trägt der Mond analog auch einen weiblichen Artikel: "La Lune" im Französischen, "la luna" im Italienischen (wie schön das klingt!). Bei den Lakota gibt es "Großmutter Mond" - im Reigen mit  Großvater Sonne, Mutter Erde und Vater Himmel. In der Astrologie steht der Mond für unsere Gefühlswelt, die Art, wie wir lieben und Beziehungen führen. Er entspricht dem ebenfalls sehr veränderlichen Element Wasser. Mein Mond steht im Sternzeichen Skorpion - ein Wasserzeichen, unmittelbar verwandt mit der Mondenergie, was sicher mit dafür sorgt, dass ich mich dem Erdtrabanten so nah fühle und stets sehr intensive Emotionen erlebe.




Sein Zu- und Abnehmen ist eine alte Metapher des Lebens, das sich - in der Natur wie im eigenen Sein - ebenfalls in ständiger Veränderung befindet. Wie ein hin- und her schwingendes Pendel, wie das Ein- und Ausatmen, wie Ebbe und Flut, die ja tatsächlich vom Mond verursacht werden. Und wenn er mit seiner Gravitation solche Wassermassen bewegen kann, wer würde ihm dann einen Einfluss auf Pflanzen, Tiere und uns Menschen absprechen - die wir zu einem großen Teil aus Wasser bestehen? Es kann sich lohnen, die eigenen Aktivitäten auf Mondphasen und -qualitäten abzustimmen, zum Beispiel nach den Tierkreiszeichen, durch die der Mond läuft, zu säen und zu ernten.

Er hat nicht nur für mich etwas rätselhaftes, mystisches, zutiefst seelenvolles. Marteria singen in ihrem Song : "Wir leben auf einem blauen Planet, der sich um einen Feuerball dreht mit 'nem Mond, der die Meere bewegt - und du glaubst nicht an Wunder ?"
 
Und so danke ich wieder einmal für eins der wunder-vollen Naturphänomene, das uns geschenkt wurde. Für den Platz des Mondes in meinem Leben. In seiner Schönheit und Bedeutung, als Bewusstmacher und Begleiter...





Montag, 26. September 2016

Wort zur Woche: Über das Finden


Ich suche nicht, ich finde. 
Suchen, das ist Ausgehen von alten Beständen 
- und ein Findenwollen von bereits Bekanntem im Neuen. 
Finden, das ist das völlig Neue. 
Das Neue auch in der Bewegung. 
Alle Wege sind offen
und was gefunden wird, ist unbekannt.

Picasso
 
 
 
 
 
 
 
 
 

Samstag, 24. September 2016

Nachgeholt: Momente der Dankbarkeit (37): Nachmittag am See

Ein warmer Spätsommer beglückte uns auch noch im September. Und so nutzte ich ihn gern mit weiteren Besuchen am See. Denn, wie ich schon öfter berichtete, liebe ich das Element Wasser ! In ihm schwimmend dahinzugleiten, aber auch, am Seeufer zu sitzen, mit einer guten Lektüre, dem Notizbuch oder Fotoapparat, oder einfach ohne alles, versonnen ins Blau blickend. Und so gab es unter anderem einen Besuch am frühen Morgen: Meine Lieblingsbadestelle war noch ganz still und leer und ich saß einfach nur auf der Bank und tankte Frieden. Und es gab einen heißen Nachmittag, in dem ich mir dort einen Schattenplatz suchte, mich aufs Handtuch warf und stundenlang las. Ich hatte das Buch "Eat Pray Love" - jetzt durch die Verfilmung mit Julia Roberts noch berühmter geworden - in der Tasche. Und es gefiel mir so, dass ich auch an jenem sechsten September gar nicht mehr aus Liz' Welt auftauchen wollte - bis ich irgendwann doch in den See eintauchte und schließlich weiterradelte.

Es ist komisch - jetzt, wo so langsam der Herbst einzieht, beginne ich mich auch wieder auf dunkle Stunden drinnen unter der Leselampe mit Tee und Gebäck zu freuen. Aber nur, weil es auch diese Sommerzeit gab, in der ich meine Leküre so frei und vergnügt an der frischen Luft genießen konnte. Danke !






Für das warme Wetter, das uns noch mal geschenkt wurde, für die Seen und Badestellen in der Umgebung, meine moderaten Arbeitszeiten, die mir einen solchen freien Nachmittag überhaupt möglich machen. Und Elizabeth Gilbert für dieses inspirierende Buch, das glänzend unterhält und doch Tiefgang hat. Ich glaub, ich werde mir noch mehr von ihr besorgen.









Mittwoch, 21. September 2016

Nachgeholt: Momente der Dankbarkeit (36): Zeit der Fülle

Schon länger durfte ich ernten: Im Kommune-Garten auf meiner Arbeit, und nun auch hier in dem kleinen vorm Haus, den ich seit diesem Jahr mit meiner Freundin Jasmin bestreite. Schon länger - doch vor ein paar Wochen begann sie so richtig: Erntezeit, Zeit der Fülle !

Da gab es einen Tag, an dem ich auf Arbeit gleich fünferlei auf einmal pflücken - und kosten! - konnte: Pfirsiche und Pflaumen, Johannis- und Himbeeren, dazu die ersten gefallenen Äpfel...  Süße Früchte, die einem geradezu in den Mund fallen - die wir aber in ihrer Menge kaum so wegmampfen konnten, sondern entsteinten oder pulten, verkochten oder einfroren, um daraus später Marmelade oder Kompott zu machen.




Und natürlich reifte auch überall das Gemüse: Mangold und Bohnen, Salat und Rote Beete, Zucchini und Tomaten. Gerade letztere haben wir in unseren Tuppen (Maurerkästen mit Erde) vorm Haus: Jeden Tag nasche und verarbeite ich welche von unseren vielen Sorten. Die "Rote Murmel" - ganz klein, doch im Geschmack ganz groß -, die "Goldene Königin" - gelb und saftig. Dazu eine einheimische, Roma- und Fleischtomaten... Obwohl es viel regnete und wir keine Dächer hatten, blieben sie von der Braunfäule weitgehend verschont. Und so freuen wir uns, dass sich die Arbeit des Säens, Aufziehens, Umpflanzens, Anbindens und Gießens gelohnt hat.

Neulich hat Jasmin soviel Mangold geschnitten, dass wir einen ganzen Abend lang schnibbelten und einkochten und in unsere kleinen Gefrierfächer stopften, was nur ging. So retteten wir ihn vor dem Verderb - und den Geschmack des Gartensommers für den Winter.

Ich bin voller Dankbarkeit für dieses Gedeihn, für den goldenen Spätsommer mit seinen Gaben, der nun unweigerlich dem Herbst weichen muss... Aber wir ernten erst mal noch eifrig weiter und baden in der Fülle, "reich und satt vom Leben". Danke Sonne und Regen, Wärme und Wind, danke Mutter Erde! Aber auch danke all den Hummeln und Bienenarten (die schließlich alles bestäubten) und den Insekten und Organismen im Boden.... Und schließlich nicht zu vergessen denen, die unser Saatgut produziert, unser Gießwasser bereitgestellt haben... Sovieles kommt zusammen, damit wir ernten können ! So großzügig, wie die Natur uns beschenkt, so versprühe ich meinen Dank.





Montag, 19. September 2016

Wort zur Woche: Samen


"Beurteile einen Tag nicht danach, 
welche Ernte du am Abend eingefahren hast,
sondern danach, welche Samen du gesät hast."


Robert Louis Stevenson









 


Sonntag, 18. September 2016

Nachgeholt: Momente der Dankbarkeit (35): Urlaub am Meer


In der letzten Augustwoche fuhr ich mit dem Verein, in dessen Rahmen ich arbeite, in den Sommerurlaub. Toll, endlich wieder an meinem Sehnsuchtsort, dem Meer !

Unser Hotel lag nur acht Gehminuten von der polnischen Ostsee entfernt - und ich war natürlich  dort, so oft es ging. Zum Wandern und Beachvolleyball, Schwimmen und Wellenspringen. Zum Steine sammeln, Fotografieren und einfach aufs Wasser schauen, zum Sonnenauf- und Sonnenuntergang... Die Hosenbeine hochgekrempelt, die Füße im Sand oder in der Brandung... der Blick gen Horizont in die Weite... das fühlte sich wie Freiheit, Leben, Glück und Gnade an...

Wir hatten großes Glück mit dem Wetter und eine richtig gute Zeit. Ich war so oft baden, dass ich richtig satt davon nach zu Hause zurückkehrte und für ein paar Tage von meiner Schwimm- und Wasser(sehn)sucht  befreit schien. Neben vielen schönen Strandmomenten genossen wir Wanderwege in Wald und Flur, müßige Nachmittage mit Nickerchen und Cafébesuch, Tischtennis- und Billard-Runden, Buffet- und Grillvielfalt, einen musikalischen Abend am Lagerfeuer...





Ich bin sehr dankbar für:

  • den sauberen schönen Strand mit seiner bewaldeten Steilküste
  • das Zweibettzimmer im schmucken Hotel mit reichhaltigem, auch vegetarischen Essen
  • den kleinen ruhigen Ort mit allem Nötigen 
  • einen schicken, Sonnenhut, den ich dort preiswert fand
  • den direkten kurzen Weg zum Meer (ohne Algen, ohne Quallen)
  • meine angenehme, ruhige Zimmergenossin - danke Gabriele !
  • die Lieder am Lagerfeuer, unter denen zufällig auch mein Lieblingssong war - danke Martin, Max und Philipp!
  • den Sonnenaufgang am letzten Morgen, die stillen Momente am spiegelglatten Wasser - danke Thomas, danke Meer !
  • das Beach-Volleyball-Spielen mit begeisterten Mitstreitern und 'ner Menge Spaß !
  • einen Nachmittag im Paddelboot auf dem idyllischen Flüsschen Rega mit seinen vielen Biegungen - im Einklang mit Gabriele das Ruder schwingend...
  • den magischen Donnerstag-Abend: erst die Sonne golden im Meer versinken sehn, dann Volleyball, bis wir nichts mehr sahen, allein in den glühenden Lichtstreifen am Horizont schwimmen, die Sterne über uns aufgehen sehen - und schließlich die Sternschnuppe, völlig unvermutet, meine erste Sternschnuppe seit Jahren !
  • die Gesellschaft meiner Arbeitskollegen Markus und Schulle und meiner Zimmergenossin Gabriele - unterhaltsam und angenehm 
  • viele Fotos und Steine, die mir das Meer schenkte
  • das strahlende Augustwetter 
  • die Möglichkeit mal rauszukommen und ganz woanders zu sein
  • und Entspannung, sich ein paar Tage lang um gar nichts kümmern zu müssen und dabei soviel zu erleben
  • Organisation und teilweise Finanzierung der Reise durch den Verein
  • immer wieder das Meer, das Meer in seinen vielen Moods - stürmisch oder glatt...
  • die Heidelbeeren und Pfifferlinge aus polnischen Wäldern, die mir ein Einheimischer auf der Rückfahrt am Straßenrand verkaufte - leckere, lebendige Souvenirs !

All das hat Spuren hinterlassen und wird noch lange in mir nachhallen. Ich muss wieder öfter auf Reisen gehn...




Montag, 12. September 2016

Wort zur Woche: In uns


„Was vor uns liegt und was hinter uns liegt 
sind Kleinigkeiten zu dem, was in uns liegt.
Und wenn wir das, was in uns liegt, 
nach außen in die Welt tragen, 
geschehen Wunder!“

Henry David Thoreau
 
 





 
 
 
 

Mittwoch, 7. September 2016

Nachgeholt: Momente der Dankbarkeit (34): Kreativrausch

Ein Ex-Kollege und -Kommunemitglied musste neulich mehrere tausend Bücher umlagern, vom Dachboden ins Umzugsauto. Auch an mehreren Tagen kaum zu stemmen. Die letzte Nacht hat er durchgemacht mit dem lapidaren Kommentar: "Ich arbeite gut unter Druck".

Mir scheint es genauso zu gehen! Schon seit Monaten kannte ich den Einsendeschluss für den von Natur- und Göttinnenspiritualität inspirierten We'Moon Kalender 2018 mit dem Thema: La Luna!. Gern wollte ich dafür Fotos, Collagen, Malereien oder Texte beitragen. Aber trotz einiger Ideen hatte ich es nie, ja selbst im Urlaub nicht geschafft, mögliche Bilder zusammenzustellen oder anzufertigen... Mist ! Dann las ich noch mal nach und entdeckte, dass mein Beitrag nicht zum 15. August bei We'Moon in den USA sein musste, sondern dass ein Poststempel mit diesem Datum für eine pünktliche Einsendung reichte ! Super, das gab mir noch etwas Spielraum - den ich dann jedoch auch ausgiebig auszureizen begann...

Am Nachmittag vor Eisendeschluss suchte ich eine Auswahl an Fotos heraus und erst am späten Abend begann ich, die Bilder zu bearbeiten oder in Collagen miteinander zu verweben, Ich hatte ein wenig Kaffee getrunken - aber schon die kleinsten Mengen wirken bei mir ja wie bei Anderen härtere Drogen ;-). Und so werkelte ich bis spät in die Nacht ohne Ermüdungserscheinungen. Ich war ich inspiriert - und auch motiviert: Der Datumsdruck und die feste Absicht, in letzter Sekunde noch etwas schönes einzusenden, schienen mich zu beflügeln statt zu blockieren. Nachdem ich mich einmal in die neue Version meines Bildbearbeitungsprogramms eingefuchst hatte, konnte ich gar nicht mehr aufhören zu experimentieren: Ich machte Fotos transparent und legte sie übereinander, montierte mystische Mandalas, probierte Effekte, schnitt kleine Monde aus und fügte sie woanders ein... 

Aber den Aufwand hatte ich unterschätzt:  Nachdem die Arbeit an den Bildern schließlich beendet (und der neue Tag schon fast angebrochen) war, musste ich sie noch in guter Qualität ausdrucken, einen passenden englischen Titel finden und sorgsam beschriften. Dazu kamen auszufüllende Formulare von We'Moon inklusive einer Personenbeschreibung, die hinten im Künstlerinnen-Register erscheint. Und alles ordnen, richtig verpacken und adressieren...




Nur der Euphorie einer so schöpferischen Nacht ist es zuzuschreiben, dass ich dann sogar noch einen kleinen Text zur Komplettierung der Einsendung verfasste: "The last time I went mad... " Poesie, die von Verrücktheit handelt, kann nur in einer solchen Stimmung geschrieben werden, oder ? Und das war ich nun an diesem wunderschönen frühen Morgen, kurz nach dem Sonnenaufgang: Ein wenig ver-rückt...

Klar, mit meiner Hochsensibilität und meinem Hang zu manischen Episoden darf ich das eigentlich gar nicht: Durchmachen, mich - und das auch noch mit Vorsatz! - in euphorisierende Zustände mit Schlafdefizit begeben... Aber es war so ein tolles Gefühl: Dieser Kreativrausch, dieses Potential einer einzigen Nacht ! Das Hineinstürzen und Aufgehen in meine/r Leidenschaft ! Und mit so einem tollen Ergebnis... Ich bilde mir ein, wenn ich so einen kleinen Rausch öfter mal lebe - er- und aus- ! - dann erspart mir das die großen Manien, die aus überbordender Sehnsucht nach ungewöhnlichen Erfahrungen entstehen.

Und gleich nach meinem Gang zur Post, wo man meinem Umschlag den finalen Poststempel des 15. 8. verpasste - Geschafft ! Alles in Sack und Tüten! -  trollte ich mich ja in mein Bett und schlief bis in den Abend hinein. (Es war einer meiner "Zu-Hause-arbeiten-Montage", dessen Arbeit ich kurzerhand auf einen Urlaubstag verlagerte).

Danke Kaffee, danke Schöpfergeist, danke für den weiten Raum und besonderen Spirit dieser Nacht und des frühen Augustmorgens... Danke We'Moon für Euer tolles Projekt und Thema mit der Möglichkeit etwas beitragen und einsenden zu können.  Das hat kleine fotografische Meisterwerke aus mir herausgelockt. Ich bin so dankbar dafür, dass sie entstanden sind ! Dass ich mal wieder gesehn hab, was ich kann - wenn eine Welle der Kreativität mich davonträgt...










Montag, 5. September 2016

Wort zur Woche: Im Rhythmus deines Herzens


"Verpflichte dich deinem Herzen Tag für Tag.
Doch zuvor lege alles andere ab:
Sorgen und Angst, 
Zweifel und Abhängigkeit.
Schreite voran im Rhythmus deines Herzens
und schau dich nicht einmal um. 
Nicht einmal !
Bleib im Takt, 
ruhend und schaffend."

Safi Nidiaye 
in ihrem Buch "Das Bewusstseinsorakel"
 








Samstag, 3. September 2016

Nachgeholt - Momente der Dankbarkeit (33): Magisches Labyrinth

Ach der Sommer ! Mit seinen vielen Aktivitäten und Zerstreuungen... In letzter Zeit war soviel los, dass ich mehr als genug tolle Momente sammeln konnte - aber keine Zeit fand, hier davon zu berichten. Da ich aber diese schöne Serie nicht unterbrechen und wirklich jede Woche dieses Jahres mit Dank segnen will, hole ich die vergangenen einfach nach. Also wundert euch nicht, wenn in nächster Zeit die Kalenderwochen nicht mehr stimmen und sich Moment auf Moment türmt.

Hier ist der erste, aus der 33. Woche: Am 12. August war ich mit meinem besten Freund zu einer außergewöhnlichen Veranstaltung auf dem Tempelhofer Feld: "Die große Reise". Open-Air Theater der Anu-Kompanie aus Berlin, das uns vollends verzauberte. 3000 Kerzen weisen uns den Weg durch ein wunderschönes Lichterlabyrinth, in dessen Schleifen und Windungen man zu immer neuen Stationen gelangt. Dort entführen einen ganz unterschiedliche Figuren in ihre eigene kleine Welt, die von Träumen und Sehnsüchten, Wegen und Wundern, Fragen und Fehlschlägen erzählt - oft in Interaktion mit dem Publikum, wie ein Spiegel an den eigenen Lebensfragen rührend. "Wenn du für eine Nacht nur auf eine Reise durch ein Labyrinth eingeladen bist und trotz hunderter von Möglichkeiten den richtigen Weg findest, würdest du dann auch deine Reise antreten, die große Reise, von der du immer geträumt hast?" heißt es auf einer Leuchtlaterne, die auf Seerosenwasser treibt.

Es ist wirklich eine magische Nacht: Wie wir zwei da wandeln zwischen den Lichtern und unter dem Mond, in der milden, feuchten Luft, mit all den andern Spaziergängern, bewegt und angezogen von den Klängen und Stimmen der Erzähler... Die romantische Stimmung überträgt sich auch auf uns, die wir schon kurz vor Theaterbeginn mal wieder über "uns" und unsere Verbundenheit sprechen. Denn nach wie vor gibt es da eine Nähe, der eine bloße Freundschaft nicht ganz gerecht wird... So fasse ich meinen Freund immer wieder bei den Händen, und wir bleiben uns nah, wandern wirklich miteinander auf diesem irgendwie symbolischen Weg...





Wie zur Bestätigung bekommen wir kurz vorm Ende der Reise noch ein ganz besonderes Geschenk: In einer Art kuscheligem Nest, einem Kreis aus Brettern mit Gucklöchern und Spalten sitzt eine ätherisch anmutende, nur halb verhüllte Frau zwischen Eiern und Federn in einem milden Licht. Wir schauen zusammen auf sie und da schaut sie auf uns und beginnt in unserem Namen ein Ei zu beschriften, zu bemalen, zu verzaubern gar ! Mit Gesten und Blicken scheint sie das Ei in unserem Namen zu weihen... Es ist wie eine kleine Zeremonie, an dessen Ende sie uns vorsichtig und bedeutungsvoll das Ei aushändigt. Wir nehmen es, unsere Hände ineinander geschmiegt, gemeinsam entgegen. Es ist ein rohes Ei, aber draußen zu dunkel, um zu erkennen, was auf ihm steht oder dargestellt ist. Wir tragen das Ei abwechselnd durch den Rest des Labyrinths und kommen uns irgendwie gesegnet vor: Nicht jeder Zuschauer hat so ein Ei bekommen, was soll es nur bedeuten ? Schließlich holt D. eine kleine Taschenlampe vor und wir können die Frage lesen, mit der das Ei in schwungvollen Buchstaben versehen ist: "Wie gehst du um mit dem, was dir gegeben ist ?" Wir spazieren weiter und schließlich aus dem Irrgarten hinaus, aber das Ei und die Frage beschäftigen uns noch lange - nicht nur, weil es gilt, es nun heil bis nach Hause zu bekommen... Dort lege ich es auf meinen Altar in ein kleines Nest und an eine Feder: Beides Fundstücke aus der Natur. Nun überlege ich, an meinem Kraftplatz ein kleines Ritual zu machen und es auszupusten: Als Erinnerung an diesen faszinierenden Abend. Und an diese so vieldeutige, wichtige Frage...




Ich bin sehr dankbar für alles an diesem Abend ! Dem Theater Anu für diese wunderschöne Idee und Performance. Dafür, dass der Regen zum richtigen Zeitpunkt aufhörte. Und für den Zufall, der mich  in der S-Bahn eine Zeitung mit der Veranstaltung darin finden ließ. Und besonders dankbar bin ich für die Verbundenheit mit D. und dieses Ei, das wir erhielten: Vielleicht ist es ja sogar ein Symbol für unsere Freundschaft, ja Liebe - die uns ja auch "gegeben ist": Wie gehen wir um mit diesem Geschenk ? Vielleicht brüten wir es doch noch aus und beginnen endlich, gemeinsam zu fliegen ?