Sonntag, 15. Februar 2015

Gut getan: Ein Hauch von Abenteuer

Herrlicher Sonnenschein und ein erster Anflug von Frühling - das Wetter der letzten Tage hat so richtig gut getan. Gestern habe ich bei anregender Lektüre in meinem lichtdurchfluteten Zimmer sonnengebadet. Heute dann schaffte ich es endlich raus.
Viele haben Partner, Hund oder Garten, die ihnen den Gang vor die Tür erleichtern. Ich ziehe mich an einem freien Wochenende hingegen oft genussvoll in meine kleine Höhle zurück, murkele so vor mich hin und stelle am Ende des Sonntags fest, dass ich gar nicht an der frischen Luft war. Ganz alleine kostet es immer ein bisschen Überwindung, einfach loszulaufen.

Doch heute zog es mich regelrecht hinaus und ohne Plan und Gepäck ging ich einfach drauf los, bis ich irgendwann in den Wald abbog. Dort hatte ich mich früher schon mal falsch orientiert und nur durch Hinweise von Spaziergängern rechtzeitg vor Einbruch der Dunkelheit wieder nach Hause gefunden. Diesmal nahm ich eine andere Richtung, folgte gewissenhaft Schildern und Markierungen - und verpasste auf dem Rückweg doch den richtigen Abzweig. Auch heute war ich etwas zu spät losgelaufen. Die Dämmerung ließ sich nun schon erahnen und ich merkte, dass ich woanders als gedacht herausgekommen würde. Und doch war ich ganz furchtlos und genoss jeden Schritt.
Ich hatte einen schönen kleinen Rastplatz entdeckt, an den ich gern zurückkehren wollte. Etwas höher und doch direkt zwischen den Bäumen gelegen, kann ich ihn in den wärmeren Jahreszeiten vielleicht sogar zum Schreiben oder Schnitzen nutzen.
Ich nahm alles ganz bewusst wahr: Die dunkle Erde unter meinen Füßen, den Wald um mich her, all die wilden Baum-, Holz-, Gräser- und Moos-Kompositionen, von Feuchtigkeit und Frühlingshoffnung durchsetzt. Spechte hämmerten, erstes Amselgezwitscher erklang, auf den Dammwiesen in der Ferne entdeckte ich ein paar der dort weidenden Wasserbüffel.
Lief immer weiter durch gänzlich neue Gefilde, bis ich an eine bekannte Straße kam. Ich wusste, dass sie mich sicher nach Hause führen würde - wenn da nicht der fehlende Gehweg wäre ! Außerorts und im Halbdunkel war für einen einsamen Fußgänger der Autoverkehr hier ganz schön gefährlich. Aber ich ließ mich nicht entmutigen, fand zunächst einen parallelen Wald und Wiesen gesäumten Weg und ging an der nächsten Straßenbiegung wieder in das gegenüberliegende Waldstück hinein. Die Dunkelheit nahm zu und ich wurde unruhig - doch es konnte nicht mehr weit sein...
Schließlich führte ein schmaler Pfad in die richtige Richtung und in ein zauberhaftes kleines Tal hinein, in dem ich auch noch nie gewesen war. Hier schlengelte sich ein Bach entlang, der dunkel und geheimnisvoll im Dämmerlicht schimmerte.
Als ich in Richtung Stadt den Hügel hinauf stieg, flog eine große Schar Kraniche nah über mich hinweg. Ich liebe ihren wilden Ruf und war durch den Anblick ganz gerührt. Fühlte mich befreit und glücklich, dass ich zurückgefunden hatte - und dass ich losgelaufen, meiner Intuition gefolgt und durch kleine Glücksmomente belohnt worden war ! Ein Hauch von Abenteuer, viel heilsame Bewegung und Rückverbindung mit Mutter Erde. Am Ende hatte ich durch "Zufall" einen Bach gefunden, wie er mir beim Losgehen vor Augen stand. War beinschwer und hungrig. Aber zugleich unendlich friedvoll und satt.


Es ist seltsam, wie wenig man zuweilen seine nächste Umgebung kennt ! Viele Wege war ich noch nie gegangen, war mir gar nicht bewusst, dass es sie gab. Doch nun habe ich einige von ihnen erkundet und kann all die neuentdeckten Orte mit Wonne wieder aufsuchen, wenn mir danach ist. Wenn Frühling in ihnen erwacht oder Herbst in ihnen flammt. Wenn ich die wilde Kraft der Natur wieder spüren will. 

Der heutige Ausflug ins Unbekannte hat mir gezeigt, wie sehr ich es genieße, draußen zu sein und neue Pfade zu erkunden. Diese Sehnsucht, die ich schon seit langem in mir spüre, ist also kein Hirngespinst, sondern etwas, dem ich nachgehen sollte. Im kleinen, wie heute nachmittag. Und im großen - mit ganzen Wochenendausflügen ins Unbekannte. In die S-Bahn steigen mit etwas Ausrüstung und Proviant, irgendwo weiter draußen wieder aussteigen - und frei wie ein Vogel durch die Lande ziehen. Ja, dann möglichst am frühen Morgen statt kurz vor der Abenddämmerung. Oder sollte ich es wagen, mal alleine draußen zu übernachten ?

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