Mittwoch, 26. August 2015

Krise, Auszeit & Lektion


Vielleicht habt Ihr Euch gewundert, dass es in letzter Zeit auf meinem Blog sehr still blieb. Nicht mal mein obligatorisches Wort zur Woche oder Glückstagebuch habe ich gepostet. Und das hatte auch einen triftigen Grund:  Ich bin Anfang Juli in eine seelische Krise geraten und musste einige Wochen im Krankenhaus verbringen.  




Ich zögere, so offen für alle und jeden, hier darüber zu schreiben. Schließlich habe ich meine bipolare Erkrankung  in diesem Blog noch nie erwähnt (einfach, weil sie in der letzten Zeit eine sehr untergeordnete Rolle spielte.) Schließlich haftet ihr wie allen psychischen Problemen, ein Stigma an.
Und doch möchte ich die Aufrichtigkeit, von der mein Blog bisher geprägt war,  gern beibehalten.  Warum sollte ich Euch lang und breit von meinem Glück erzählen, aber kneifen, wenn es um die Schattenseiten in meinem Leben geht ? Ich kenne einige Blogger, die einen ebenso mutigen Weg gehen und frei von der Leber weg vom „Anderssein“  berichten – ob das nun um Depressionen, Genderthemen oder das Hinterfragen gängiger Mutterideale geht.
Und da ich ohnehin vorhabe, einen autobiografischen Roman über meinen Weg – und speziell die manisch-depressiven Erfahrungen  - zu schreiben, kann ich es wohl wagen, auch in meinem Blog davon zu berichten.  

Seit einer Woche bin ich nun wieder entlassen. Und weit länger fühle ich mich wieder gesund. Und doch dauerte es ingesamt mehrere Wochen, bis ich wieder ganz im Hier und Jetzt und in  meinem „normalen“ Ich gelandet war.
Familie, Freunde und Kollegen waren mich besuchen und haben mir geholfen, die Zeit zu überbrücken und die erneute manische Episode zu beleuchten und zu verstehen. Denn natürlich hat sie Auslöser und Ursachen, die erkannt werden wollen. Und auch, wenn die Zeit in der Klinik nicht einfach und scheinbar ein Rückschlag war – sie hatte durchaus einen Sinn.  Als Auszeit, als Spiegel, als mannigfaltige Lektion. Darüber hinaus habe ich im Krankenhaus wieder einmal viele interessante Menschen kennenlernen dürfen.
Trotz mancher Entbehrungen gestaltete die Zeit sich dort doch recht angenehm. Wir genossen einen großen luftigen Balkon (den ich zuletzt mit meinen Wunschsonnenblumen verschönerte) eine wunderschön gestaltete Gartenlandschaft zwischen Klinik und Rehaklinik und zwei Caféterias mit köstlichen Kuchen und Eisvarianten. Auch das Krankenhausessen war in Ordnung und die Umgebung mit zwei Seen und vielen Spazierwegen einfach traumhaft. Über das Schwimmverbot (wir waren fürs Badengehen nicht versichert), habe ich mich ein paar Mal einfach hinweggesetzt und bin in den Kalksee gehüpft. Sonst kühlte ich im Wasser einfach Füße und Waden. Zum Glück blieb es auch bei den sehr heißen Temperaturen auf Station verhältnismäßig kühl.  Ich verbrachte viel Zeit mit Lesen, Schreiben und den Therapien. So habe ich einmal mit einer Mitpatientin gebacken, in unserer Singegruppe Griechischer Wein und Über den Wolken angestimmt,  in der Ergotherapie was schönes getöpfert und eine Tasse mit japanischen Schriftzeichen bemalt. Neulich konnten wir uns im Fernsehraum sogar den ersten Teil von Herr der Ringe anschauen. In Gesprächen mit der Psychologin und speziellen Seminaren gab es Raum für Austausch und neue Erkenntnisse über uns selbst und unser Krankheitsbild.
  

 

Seit einer Woche bin ich nun – noch krankgeschrieben - bei meiner Mama und ihrem Partner im Oderbruch – wo ich viel schlafe, lese und mit meiner Ma schwimmen fahre. Morgen geht’s wieder zurück in meine eigene Bleibe – was noch mal eine große Umstellung wird. Und doch freue ich mich sehr darauf !
Bevor ich wieder voll in meine Arbeit einsteige, nehme ich dort noch ein wenig Anlauf…  Vielleicht gelingt es mir in dieser Zeit, mal wieder etwas längeres zu posten. Ich bin traurig, dass ich es versäumt habe, unseren Garten im Juni  zu zeigen, und den Juli und August zu fotografieren.  Ich hoffe, Ihr seid einverstanden, wenn ich ersteres sehr verspätet nachhole und für die beiden nächsten Monate Motive aus den letzten Jahren nehme ? Derer habe ich mehr als genug…

In jedem Fall werde ich in der nächsten Zeit darauf achten, mich nicht zu überlasten. Und das betrifft auch das Bloggen. Egal, wie sehr es mich bereichert, es erzeugt auch einen gewissen Druck. Und den muss ich in Zukunft rausnehmen, wenn ich stabil bleiben will.




Ja, „dieser Weg wird kein leichter sein, dieser Weg wird steinig und schwer…“ (Xavier Naidoo). Mein Lebensweg voller Irr- und Umwege. Oder sind es eher Kurskorrekturen ? In jedem Fall bringen sie mich weiter, führen auch sie direkt zu mir.




1 Kommentar:

  1. Ich verneige mich vor deinem Mut! Danke, dass du diese intimen Dinge mit uns teilst, dass du anderen erlaubst, deine Schwächen zu sehen - dass du ehrlich bist - auch zu dir selber.
    Ich weiß, wie schwer es ist, über so etwas zu sprechen - und ich weioß, wie sehr es anderen Betroffenen hilft.

    Ganz viel Liebe
    Deine Ana

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