Freitag, 15. Januar 2016

EMDR - ein Erfahrungsbericht

Es ist knackig kalt. Ich bin lange mit der S-Bahn unterwegs und warte frierend im eisigen Wind auf den Bus, der mich zu meiner Heilpraktikerin bringt. Es ist jetzt zwei Jahre her, dass ich das erste Mal bei ihr war. In einem Seminar für Hochsensible habe ich von der Leiterin den Tipp bekommen. Meine HP hilft mir mit Homöopathie und Ergänzungspräparaten, die sie kinesiologisch austestet, bei  körperlichen Problemen und meiner Amalgamausleitung.

Aber der Zufall will, dass sie Spezialistin in EMDR ist - einer psychologischen Technik, die mir kürzlich empfohlen worden ist, um mein Brutkasten-Trauma aufzulösen. "Eye Movement Desensitation and Reprocessing" (= ‚Augenbewegungs-Desensibilisierung und Wiederaufarbeitung‘): Kombiniert mit dem Atem verbinden wir durch bestimmte Augenbewegungen die rechte und linke Gehirnhälfte, wodurch dort gespeicherte, schmerzhafte Erinnerungen endlich verarbeitet werden können. Ob aus der Kindheit oder einer früheren Inkarnation: Alte Gefühlsmuster werden angeschaut, gelöst und durch neue, freudvolle ersetzt. Das geht tief! Das kann Auswirkungen auf alle Lebensbereiche haben, in denen dieses Muster bisher unbewusst gewirkt hat. So jedenfalls hab ich es erlebt ! Die Erfahrung des Abgelehntseins, die ich in meinen ersten Lebenswochen im Brutkastens gemacht hatte, bestimmte auch, welche Situationen ich in meinem späteren Leben anzog. Als dieses Trauma durch die EMDR-Sitzung positiv verarbeitet, also verschwunden war, spürte ich eine richtige "Leerstelle" in mir. Etwas fehlte. Etwas war korrigiert worden. Und so begann sich auf einmal alles neu zu ordnen. Ich war weniger verletztlich und verhielt mich sowohl in der Arbeit als auch in Liebesbeziehungen plötzlich anders. Und auch wenn nicht jede Sitzung so tief wie diese ging, so machte doch jede meinen "Rucksack" ein wenig leichter. Das einzige Problem: Wenn eine Schicht alten Schmerzes gelöst ist,  kommt darunter eine neue zum Vorschein, an der wiederum zu arbeiten ist... Aber so funktioniert wohl spirituelle Entwicklung - ein Weg, der kein Ende hat, aber den zu gehen es sich lohnt. Für mich ist EMDR zu einem wunderbaren Instrument - Gefährt - auf diesem Weg geworden. Mit ihm komme ich voran.




Ich bin endlich da. Auch heute bringe ich wieder ein Thema mit. Und zwar mein durchdringendes und unangenehmes Gefühl, nicht "hineinzupassen". Meine Heilpraktikerin empfängt mich mit heißem Tee und warmen Worten. Sie ermutigt mich in meinem Prozess und gibt wertvolle Hinweise. Nachdem der Aufhänger für die Arbeit geklärt es, geht es auf die Liege. Ich werde sorgfältig zugedeckt. Die Wärmflasche tut meinen kalten Füßen gut.
Ich visualisiere die schwierigen Situationen in der Gegenwart, die um mein "Anderssein" kreisen. Dann spüre ich hinein in die damit verbundenen Gefühle und in die Körperstellen, wo sie sitzen. Meist tauchen dann vorm inneren Auge Erinnerungen oder symbolische Bilder auf, mit deren Hilfe wir zum Ursprung des Problems reisen. Meine Heilpraktikerin fragt und leitet mich an: "Woher kennen sie dieses Gefühl?" - "Wo können Sie es spüren?" - "Welcher Gedanke taucht auf?" oder "Was passiert gerade in ihnen ?" "Versuchen Sie einmal..." So hangle ich mich durch meine inneren Bilder- und Gefühlswelten. Wo es nicht weitergeht, kommen immer wieder die Augenbewegungen zum Einsatz: "Dann atmen Sie jetzt ein, rollen die Augen nach oben und ..." Durch diese variantenreiche Technik kommt das ursprüngliche, schmerzhafte, festgefahrene Bild auf einmal in Bewegung und verwandelt sich zuletzt in ein neues, hilfreiches, positives.
So sehe ich mich zuerst im Kindergarten, allein in der Mitte eines Kreises von fest miteinander verhakelten Kindern - die dann zu Erwachsenen werden. Sie sind verbunden, sie funktionieren jeder als ein Glied in der Kette - ich dagegen nicht: Enge, Isolation, Wut und Traurigkeit kommen hoch. Wir arbeiten uns durch mehrere Schichten. Alles, was zu diesem Thema gehört, will angeschaut und gefühlt werden. Ganz am Ende der Sitzung beginne ich schließlich lebendig und locker in dieser Mitte zu tanzen: Ich stehe gerne im Mittelpunkt und bringe viele um mich herum zum Staunen und Lachen. Plötzlich schluchze ich - dort auf der Liege - auf und bin sehr gerührt: Das bin ich ! Genau das ist meine Rolle ! Ich bin vielleicht ein wenig anders - aber das hat Sinn, das soll so sein! Damit kann ich andere mitreißen, anstecken, inspirieren. Plötzlich schließt mich der Kreis nicht mehr ein oder aus - sondern auf. Er dient mir. Ich diene ihm.

Mit diesem wunderschönen Bild endet die EMDR-Sitzung - es ist jetzt tief in mir verankert und kann seine Wirkung entfalten. Ich werde beglückwünscht. Es hat - wohl uns beiden - wieder richtig Spaß gemacht ! Mir liegt diese Art der seelischen Arbeit, das innere Reisen fällt mir leicht - und doch brauche ich die einfühlsame Führung meiner Heilpraktikerin, um darin erfolgreich zu sein. Und deshalb bin immer wieder unendlich dankbar für die Fügung, die mich zu ihr geführt hat.






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