Samstag, 3. September 2016

Nachgeholt - Momente der Dankbarkeit (33): Magisches Labyrinth

Ach der Sommer ! Mit seinen vielen Aktivitäten und Zerstreuungen... In letzter Zeit war soviel los, dass ich mehr als genug tolle Momente sammeln konnte - aber keine Zeit fand, hier davon zu berichten. Da ich aber diese schöne Serie nicht unterbrechen und wirklich jede Woche dieses Jahres mit Dank segnen will, hole ich die vergangenen einfach nach. Also wundert euch nicht, wenn in nächster Zeit die Kalenderwochen nicht mehr stimmen und sich Moment auf Moment türmt.

Hier ist der erste, aus der 33. Woche: Am 12. August war ich mit meinem besten Freund zu einer außergewöhnlichen Veranstaltung auf dem Tempelhofer Feld: "Die große Reise". Open-Air Theater der Anu-Kompanie aus Berlin, das uns vollends verzauberte. 3000 Kerzen weisen uns den Weg durch ein wunderschönes Lichterlabyrinth, in dessen Schleifen und Windungen man zu immer neuen Stationen gelangt. Dort entführen einen ganz unterschiedliche Figuren in ihre eigene kleine Welt, die von Träumen und Sehnsüchten, Wegen und Wundern, Fragen und Fehlschlägen erzählt - oft in Interaktion mit dem Publikum, wie ein Spiegel an den eigenen Lebensfragen rührend. "Wenn du für eine Nacht nur auf eine Reise durch ein Labyrinth eingeladen bist und trotz hunderter von Möglichkeiten den richtigen Weg findest, würdest du dann auch deine Reise antreten, die große Reise, von der du immer geträumt hast?" heißt es auf einer Leuchtlaterne, die auf Seerosenwasser treibt.

Es ist wirklich eine magische Nacht: Wie wir zwei da wandeln zwischen den Lichtern und unter dem Mond, in der milden, feuchten Luft, mit all den andern Spaziergängern, bewegt und angezogen von den Klängen und Stimmen der Erzähler... Die romantische Stimmung überträgt sich auch auf uns, die wir schon kurz vor Theaterbeginn mal wieder über "uns" und unsere Verbundenheit sprechen. Denn nach wie vor gibt es da eine Nähe, der eine bloße Freundschaft nicht ganz gerecht wird... So fasse ich meinen Freund immer wieder bei den Händen, und wir bleiben uns nah, wandern wirklich miteinander auf diesem irgendwie symbolischen Weg...





Wie zur Bestätigung bekommen wir kurz vorm Ende der Reise noch ein ganz besonderes Geschenk: In einer Art kuscheligem Nest, einem Kreis aus Brettern mit Gucklöchern und Spalten sitzt eine ätherisch anmutende, nur halb verhüllte Frau zwischen Eiern und Federn in einem milden Licht. Wir schauen zusammen auf sie und da schaut sie auf uns und beginnt in unserem Namen ein Ei zu beschriften, zu bemalen, zu verzaubern gar ! Mit Gesten und Blicken scheint sie das Ei in unserem Namen zu weihen... Es ist wie eine kleine Zeremonie, an dessen Ende sie uns vorsichtig und bedeutungsvoll das Ei aushändigt. Wir nehmen es, unsere Hände ineinander geschmiegt, gemeinsam entgegen. Es ist ein rohes Ei, aber draußen zu dunkel, um zu erkennen, was auf ihm steht oder dargestellt ist. Wir tragen das Ei abwechselnd durch den Rest des Labyrinths und kommen uns irgendwie gesegnet vor: Nicht jeder Zuschauer hat so ein Ei bekommen, was soll es nur bedeuten ? Schließlich holt D. eine kleine Taschenlampe vor und wir können die Frage lesen, mit der das Ei in schwungvollen Buchstaben versehen ist: "Wie gehst du um mit dem, was dir gegeben ist ?" Wir spazieren weiter und schließlich aus dem Irrgarten hinaus, aber das Ei und die Frage beschäftigen uns noch lange - nicht nur, weil es gilt, es nun heil bis nach Hause zu bekommen... Dort lege ich es auf meinen Altar in ein kleines Nest und an eine Feder: Beides Fundstücke aus der Natur. Nun überlege ich, an meinem Kraftplatz ein kleines Ritual zu machen und es auszupusten: Als Erinnerung an diesen faszinierenden Abend. Und an diese so vieldeutige, wichtige Frage...




Ich bin sehr dankbar für alles an diesem Abend ! Dem Theater Anu für diese wunderschöne Idee und Performance. Dafür, dass der Regen zum richtigen Zeitpunkt aufhörte. Und für den Zufall, der mich  in der S-Bahn eine Zeitung mit der Veranstaltung darin finden ließ. Und besonders dankbar bin ich für die Verbundenheit mit D. und dieses Ei, das wir erhielten: Vielleicht ist es ja sogar ein Symbol für unsere Freundschaft, ja Liebe - die uns ja auch "gegeben ist": Wie gehen wir um mit diesem Geschenk ? Vielleicht brüten wir es doch noch aus und beginnen endlich, gemeinsam zu fliegen ?




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